Die Größen der Technik

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Augustin Jean Fresnel

Jacques Fresnel ist Architekt und dienstlich seit 1784 in Broglie, um das dortige Schloss zu renovieren, als er Augustine Mérimée kennen und lieben lernt. Die beiden heiraten, und aus dieser Ehe gehen vier Söhne hervor, von denen Augustin-Jean der zweite ist und am 10. Mai 1788 auf die Welt kommt. Sein Onkel Léonor ist der Vater von Prosper Mérimée, der später mit seiner Novelle Carmen die literarische Vorlage zu der gleichnamige Erfolgsoper von Georges Bizet liefern wird.

Augustin Fresnel soll in jungen Jahren von einer Lernschwäche heimgesucht worden und mit 9 Jahren noch nicht des Lesens und Schreibens mächtig gewesen sein (Da ist er in guter Gesellschaft: Das gleiche wird auch von Heinrich Pestalozzis Sohn Jean-Jacques überliefert, und gleich vier weitere Größen der Technik, nämlich Jakob Steiner, Simon Stampfer, Michael Faraday und George Stephenson, konnten in ihrer Kindheit auch kaum Lesen und Schreiben; jene jedoch wegen der geringen Möglichkeiten des Schulbesuchs aufgrund ihres ärmlichen Elternhauses). Mehr ist über Augustin Fresnels Jugend nicht überliefert.


Er besucht das Gymnasium in Caen in der Normandie und anschließend die Ecole Polytechnique in Paris, Vorbild aller technischen Universitäten, die 1794 von Gaspard Monge als Vorbereitungsschule für technische Studien gegründet wird. Nach einem ausgezeichneten Abschluss geht er an die Ecole des Ponts et Chaussées, die Ausbildungsstätte für Straßenbaupioniere mit stark militärischer Note. Der frisch gebackene Ingenieur ist dann im staatlichen Straßenbau beschäftigt, zunächst in der Vendée, das ist südlich von Nantes am Atlantik, und ab 1812 im Département Drôme, zwischen Marseille und Lyon.

Augustins Heimatort Broglie verliert vorübergehend während der Revolution seinen Namen, den es erst wenige Jahrzehnte zuvor nach dem Besitzer des dortigen Schlosses, dem Herzog François-Marie de Broglie, erhalten hatte, und wird wieder mit seinem ursprünglichen Ortsnamen Chambrais bezeichnet, bis er schließlich 1814 wieder in Broglie umbenannt wird. Aus diesem Herzogengeschlecht entstammt übrigens auch der Nobelpreisträger für Physik von 1929, Louis de Broglie, dem, erst 37jährig, der Preis für die Entdeckung der Wellennatur der Elektronen zuerkannt wurde – das Forschungsgebiet ist dem seines Nachbarn Fresnel sehr ähnlich.

Über Fresnels politischen Ansichten ist wenig bekannt, aber als Napoléon nach der Flucht aus seinem Exil auf der Insel Elba von Süden her seinen Triumphzug der Rhône-Saône-Linie entlang Richtung Paris antritt, um ferner die „Herrschaft der 100 Tage“ anzutreten, die eindrucksvoll mit der Niederlage bei Waterloo beendet wird, bezeichnet Fresnel dies als „Angriff auf die Zivilisation“ und schließt sich trotz seiner schwachen Gesundheit den königlichen (bourbonischen) Truppen an. Daraufhin wird er von einem kaiserlichen (napoleonischen) Kommissar seines Amtes enthoben und unter polizeiliche Beobachtung gestellt, was ihn jedoch nicht beunruhigt.


François Arago
In dieser Situation tritt er eine Reise nach Paris an, die den Beginn seiner wissenschaftlichen Karriere markiert. Er trifft eine Anzahl Wissenschaftler, allen voran François Arago, einen alten Schulkameraden aus der Ecole Polytechnique, der sein Beschützer und Mentor wird.

In diesem Jahr, 1815, beginnt Fresnel mit den experimentellen Untersuchungen über das Licht, wo er die Doppelbrechung entdeckt, was 1819 von der Académie des Sciences honoriert wird, die ihm einen Preis für seine Arbeit über die experimentelle und theoretische Untersuchung von Beugungserscheinungen verleiht. Weiters arbeitet er über Lichtinterferenzen, Polarisation, Doppelbrechung und Aberration des Lichtes und entwickelt 1821 die Theorie transversaler Lichtwellen. Gegen Ende seines Lebens arbeitet er an der Verbesserung der Leuchttürme durch Optimierung der Linsen.


Quelle: http://melusine.eu.org/syracuse/mluque/fresnel/augustin/fresnel.html

Arago beschreibt in seinen Lebenserinnerungen, dass er seinem Freund Augustin Fresnel noch wenige Tage vor dessen Tode auf dem Sterbebette, umringt von seiner Mutter und seinem Bruder Léonor, die Rumford-Medaille der Royal Society überreicht habe. Das ist zwar eine rührige Geschichte, aber unwahrscheinlich, weil Fresnel 1827 verstorben ist, die Rumford-Medaille jedoch bereits 1824 erhalten hat, für die Entwicklung der Wellentheorie auf dem Gebiet des polarisierten Lichts und zahlreiche weitere wichtige Entdeckungen der physikalischen Optik.

Fresnel zieht den von Newton postulierten Teilchencharakter des Lichtes in Zweifel und stellt eine Reihe heute immer noch berühmter Versuche an, um zu beweisen, dass das Licht eine periodische Welle ist. Im Spiegelversuch wird das Licht einer Quelle mithilfe zweier in sehr flachem Winkel zueinander geneigter Spiegel scheinbar in zwei Wellenzüge aufgeteilt, die Interferenzen bilden können. Im Biprismaversuch beträgt der brechende Winkel annähernd 180° und bewirkt eine Interferenz hinter dem Prisma; beide übrigens unter Hinfortlassung der Beugung, ein Phänomen, das mit der Emissionstheorie allein nicht erklärt werden kann. Der berühmte sehr ähnliche Doppelspaltversuch hingegen stammt nicht von Fresnel, sondern wurde etwas früher von Thomas Young durchgeführt und erzeugt die Interferenz durch Lichtbeugung.

Fresnels Experimente über die Doppelbrechung, die Interferenzen und die Polarisation des Lichts stimmen sehr gut mit den Ergebnissen seiner Rechenoperationen überein, den Fresnelschen Integralen. In der Beurteilung von Zeitgenossen sagt die Wellentheorie von Fresnel die Beugungserscheinungen so genau vorher wie die Gravitationstheorie die Bewegung der Himmelskörper und erlaubt es ihm, seiner Intuition eine solide theoretische Basis über die Wellennatur des Lichts zu geben. Fresnel kann auch nachweisen, dass die Wellenlänge des blauen Lichtes kürzer ist als die des grünen Lichtes, und diese wiederum kürzer als die des roten Lichtes.
Sein Postulat vom Wesen des Lichts als Transversalschwingungen im Äther bewirkt einen heftigen Methodenstreit.

Seit 1823 ist Fresnel einstimmig gewähltes Mitglied der Académie des Sciences in der Sektion allgemeine Physik. In seinen letzten Lebensjahren (Fresnel erkrankt 1824 am Bluthusten und stirbt, erst 39jährig, am 14. Juli 1827 in Ville d´Avray) beschäftigt er sich mit der praktischen Anwendung seiner Forschungen. Mit seiner Erfindung der Fresnel-Linse, die er auf Basis seiner Lichtbrechungsversuche herstellt, gelingt es, das Licht in den Leuchttürmen auf die vierfache Weite aufs Meer zu strahlen, und außerdem das Gewicht und damit auch den Preis des Linsenglases auf einen Bruchteil zu senken. Daraufhin steigt die Anzahl der Leuchttürme in Frankreich von 24 im Jahre 1800 auf 372 im Jahre 1870.


Dies ist die erste Fresnel-Linse. Sie ist unter der Inventarnummer 19 PA 42D im Musée national de la Marine in Paris zu sehen und wurde 1821 von Francois Soleil hergestellt.

Diese Fresnel-Linse ist mit 254 cm Höhe und einem Gewicht von etwa 1500 kg eine der größten, die je hergestellt wurden. Sie stammt aus dem Hause Barbier, Bénard et Turenne und war ab April 1894 bis in die 1950er Jahre im Phare d´Hourtin in der Gironde im Einsatz. Mit der Elektrifizierung wurde sie von einer kleinen Optik mit Halogenlampen abgelöst


Der Phare de Cordouan steht in der Gironde-Mündung und ist der älteste Leuchtturm Frankreichs. Er ist auch der erste, der 1823 eine Fresnel-Linse erhielt. (Foto: Jack ma)

In heutiger Anwendung von Fresnels Berechnungen und Experimenten versucht man gegenwärtig, mittels Fresnel-Kollektoren die Gestehungskosten von Strom in solarthermischen Kraftwerken zu senken. Fresnel-Kollektoren sind einzelne, schräg zueinander angeordnete Spiegel, deren Herstellung deutlich günstiger kommt als die von sehr großen Parabolspiegelkollektoren.


Das Foto zeigt eine Energiegewinnungsanlage auf der Basis von Spiegeln, die im Winkel wie eine Fresnel-Linse angeordnet sind.
http://www.novatecsolar.com/28-0-Fuer-die-Presse.html