Moser Barbara

Dipl.-Ing.Foto Moser Barbara 

Forum Technik und Gesellschaft Förderpreisträger 2007
Kategorie Diplomarbeiten
1. Preis

Titel
Design einer hybriden FES-Ellbogenorthese zur Wiederherstellung der Ellbogenfunktion bei Tetraplegikern
Kurzfassung
Circa 100 Sport- und Badeunfälle enden jährlich in Österreich mit Lähmungen aller vier Extremitäten. Durch den Verlust bzw. die Einschränkung der Greif- und Ellbogenfunktion werden alltägliche Handgriffe - wie Essen, Trinken oder Gesichtshygiene - schier unmöglich. Der in Zusammenarbeit mit der Orthopädischen Klinik in Heidelberg entwickelte Prototyp einer Hybrid-Orthese soll ein Positionieren des Unterarms und ein Verharren in der gewünschten Position ermöglichen, ohne den Arm des Querschnittgelähmten zu stark zu strapazieren. Das System basiert einerseits auf dem Prinzip der Funktionellen Elektrostimulation, die durch Stimulation der Muskulatur eine Unterarmbewegung erzielt, und andererseits auf dem mechanischen Prinzip einer Armorthese, die den Arm in der gewünschten Position fixiert und stabilisiert. Der Einsatz der Funktionellen Elektrostimulation bietet gegenüber dem „externen“ Antrieb des Armes durch einen aktiven Motor einige medizinische, aber auch mechanische Vorteile. In Kombination mit einem System zur Wiederherstellung der Greiffunktion könnte somit die Unabhängigkeit der Benutzer von Betreuungspersonen in Alltagssituationen bedeutend erhöht werden. Das System wurde in weiterer Folge auf die Kopplung mit einem Brain-Computer-Interface vorbereitet, um der querschnittgelähmten Person eine bewegungsunabhängige Steuerung zu ermöglichen.
persönliche Begründung der gesellschaftlichen Relevanz
Im Rahmen meiner Diplomarbeit bekam ich die Möglichkeit, einen aktiven Beitrag zur Erweiterung der Selbständigkeit von querschnittgelähmten Personen mit fehlender Hand- und Ellbogenfunktion, sogenannte Tetraplegiker, zu leisten. Die Arbeit an rehabilitativen Maßnahmen für Rückenmarksverletzte ist durch Heinz Kinigadner und der Stiftung „Wings for Life“, in letzter Zeit ins Rampenlicht gerückt. Denn 46 Prozent aller Rückenmarksläsionen haben tetraplegische Konsequenzen. Ich entwickelte den Prototyp einer hybriden FES-Ellbogenorthese zur Wiederherstellung der Ellbogenfunktion von gelähmten Menschen mit hoher Läsionshöhe, die in weiterer Folge mit einem schon vorhandenen System zur Wiederherstellung der Greiffunktion mittels Funktioneller Elektrostimulation (FES) kombiniert werden sollte. Durch die Verwendung dieser stützenden bzw. blockierbaren mechanischen Orthese und der FES-basierten Bewegung könnten nicht nur das Greifen sondern auch eine zielgerichtete Positionierung des Unterarms im Raum ermöglicht werden. Diese gezielten Handbewegungen sind für alltägliche Bewegungen, wie das Führen eines Trinkglases bzw. eines Essbestecks zum Mund sowie die Körperhygiene unabkömmlich. Dies würde eine enorme Steigerung der Unabhängigkeit von Pflegepersonen sowie die Erleichterung der alltäglichen Aufgaben eines gelähmten Menschen bedeuten. Um einen Antrieb der Muskelkraft durch FES erzielen zu können, muss die Oberarmmuskulatur allerdings vor Beginn der Anwendung über mehrere Wochen gestärkt werden. Nach diesem Training können in weiterer Folge die Muskeln der Oberarmmuskulatur mittels einfach anzubringender Oberflächenelektroden und eigens an die Tagesverfassung der Muskulatur angepassten Stimulationsparameter zu einer Bewegung des Unterarms stimuliert werden. Dies bietet gegenüber einer durch einen externen Motor angetriebenen Bewegung einen geringeren mechanischen Aufwand und somit das Fehlen eines futuristischen Aufbaus der Orthese, sowie die Durchführbarkeit einer nahezu physiologischen Bewegung des Unterarms. Zusätzlich entlastet die an den Arm angebrachte Orthese die ohnehin geschwächte Muskulatur des Patienten und ermöglicht ein längeres, entspanntes Verharren des Armes in einer angewinkelten Position. Die Ansteuerung des Systems und die Positionseingabe erfolgt über ein Steuerprogramm, das auf einem PC läuft, was bei einem nahezu bewegungsunfähigen Menschen allerdings nicht zielführend ist. Daher wurde meine Arbeit für die Kopplung mit einem sogenannten „Brain-switch“, eines Brain-Computer-Interface, konzipiert. Damit könnte der gelähmte Benutzer die Orthese und daraus resultierend die gewünschte Armbewegung durch seine Gedanken steuern, ohne einen für ihn ohnehin schwer zu bedienenden Steuermechanismus betätigen zu müssen. Während der Entwicklung eines solchen rehabilitativen Hilfsmittels sei der gesellschaftliche und integrative Aspekt niemals außer Acht gelassen. So musste ich auch auf die einfache Montage des Systems achten, um die Verwendung auch innerhalb der eigenen vier Wände des Querschnittgelähmten - ohne Unterstützung durch Fachpersonal - zu ermöglichen. Zu guter Letzt möchte ich hinzufügen, dass mir der Beweis der Realisierung der Hybrid-Orthese gelungen ist, und ich einen kleinen Teil zur Verbesserung der Lebensqualität von Höchstgelähmten beitragen konnte. In naher Zukunft gibt allerdings noch einiges an materialtechnischen und softwaretechnischen Details an meiner Arbeit zu verbessern.