Pletz Jakob

Dipl.-Ing.Foto Pletz Jakob 

Forum Technik und Gesellschaft Förderpreisträger 2012
Kategorie Master-/Diplomarbeiten
1. Preis

Titel
Design und Synthese von Inhibitoren von PhzA/B
Kurzfassung
Einige Bakterien die bei Infektionskrankheiten eine wichtige Rolle spielen haben eine hohe Resistenz gegenüber Antibiotika entwickelt. Dadurch sind diese Infektionskrankheiten nur schwer zu behandeln und enden bei gefährdeten Personen oft tödlich. Ein neues Konzept um diesen Bakterien beizukommen ist direkt in ihren Stoffwechsel einzugreifen, in welchem das Enzym PhzA/B eine wichtige Rolle spielt. Wird die Funktion dieses Enzyms gestört, kann die Infektion kuriert werden. Der beste bekannte Inhibitor (Phenazistatin A) war bisher nur sehr aufwendig zu synthetisieren und verfügt noch nicht über die gewünschte biologische Wirksamkeit. Damit ist er noch weit von einer Markteinführung als Medikament entfernt. Die vorliegende Arbeit war auf eine Verbesserung dieser Synthese und das Auffinden von ähnlichen, noch wirksameren Substanzen, ausgerichtet. Dabei war die Analyse dieser Wirkstoffe entscheidend. Es wurden zahlreiche Analysemethoden eingesetzt, etwa Kernresonanzspektroskopie, Gas- und Flüssigchromatograhie, Polarimetrie und Massenspektrometrie. Die Ausbeute der 7-stufigen Synthese konnte um das 12-fache gesteigert werden und es war zum ersten Mal möglich, nennenswerte Mengen des Wirkstoffes Phenazistatin A herzustellen. In Zusammenarbeit mit der Universität Bayreuth wird die biologische Wirksamkeit des Wirkstoffes eingehender untersucht. Bei einer ähnlichen Substanz, die im Zuge dieser Arbeit hergestellt wurde, konnte sogar eine 10-fach erhöhte Wirksamkeit festgestellt werden. Mit Synchrotron-Versuchen die am Helmholtz-Zentrum Berlin durchgeführt wurden konnte die Wirksamkeit auf molekularer Ebene anhand der Kristallstrukturen besser verstanden werden. Mit dieser Arbeit konnte ein wichtiger Beitrag zur Entwicklung eines antibakteriellen Wirkstoffes geleistet werden. Aufgrund der bisherigen aussichtsreichen Ergebnisse wird diese Arbeit in Form einer Dissertation fortgesetzt.
persönliche Begründung der gesellschaftlichen Relevanz
Heute wie damals tragen bakterielle Infektionen wesentlich zur Erkrankungsrate und Sterblichkeit von Menschen bei. Millionen Menschen sterben jährlich an einer bakteriellen Infektion der unteren Atemwege, der nach wie vor führenden Todesursache unter allen Infektionskrankheiten. Immungeschwächte Patienten wie Verbrennungsopfer, Krebskranke, Aidskranke oder Patienten mit zystischer Fibrose sind tragischerweise besonders anfällig für zahlreiche Infektionen, die ein gesundes Individuum nicht beeinträchtigen würden. Dabei werden etwa 15% der in Krankenhäusern übertragenen Infektionen auf Stämme von Pseudomonas aeruginosa zurückgeführt. Die Entwicklung von wirksamen Medikamenten gegen diese Entzündungen gestaltet sich als äußerst schwierig, da die Arzneimittelforscher einem ständigen Wettlauf mit der kreativen Schaffenskraft der Bakterien ausgesetzt sind. Besonders P. aeruginosa ist in der Lage, sich durch zielgerichtete Mutationen, effiziente zelluläre Pumpen und ein breites Arsenal von Überlebensfaktoren zu schützen. Eine gescheiterte ärztliche Behandlung kann dadurch zu noch resistenteren Bakterien führen, was die Wahlmöglichkeit geeigneter Antibiotika zusätzlich einschränkt. Die vorliegende Arbeit beschreibt Design und Synthese von Phenazistatin A, einem neuartigen Inhibitor des Enzyms PhzA/B. Anders als bei konventionellen Antibiotika soll dadurch die Biosynthese von Phenazinen (bakteriellen Überlebensfaktoren) selektiv verhindert werden. P. aeruginosa ist in der Lage einen Biofilm in den unteren Atemwegen zu bilden, was bei Patienten mit zystischer Fibrose zu einer chronischen Entzündung und Gewebeschäden führt. Einerseits profitieren die Bakterien von der schützenden Polymer-Matrix, andererseits werden sie durch die Sauerstoff-limitierenden Bedingungen in die Abhängigkeit von Pyocyanin (einem Phenazin) als „Atmungspigment“ gedrängt. Durch die Blockierung der Biosynthese dieses Naturstoffs könnte ein Patient von dem bakteriellen Abwehrmechanismus profitieren und eine neue Strategie der medizinischen Behandlung von Lungeninfekten bei Patienten mit zystischer Fibrose wäre entwickelt. Bei dem Design eines möglichen Wirkstoffs muss neben der Affinität zum entsprechenden Enzym auch dessen Bioverfügbarkeit optimiert werden, zum Beispiel der Transport an den Wirkungsort (etwa das Innere eines Bakteriums). Dies kann durch eine gezielte Manipulation der chemischen Struktur erreicht werden. Im Zuge dieser Arbeit wurden Derivate von Phenazistatin A hergestellt, welche ein erhöhtes Potential für die Permeation durch Zellmembranen aufweisen und eine zehnfach höhere Affinität zu dem Ziel-Enzym besitzen. Durch Berechnungen kann die Bindungsstärke der Wirkstoffe an das Enzym abgeschätzt werden, aber die biologische Wirksamkeit kann nur verlässlich durch in vitro und in vivo Experimente festgestellt werden. Aus diesem Grund ist die enge Zusammenarbeit von organischen Chemikern mit Biochemikern unerlässlich und führt über einen iterativen Prozess der Wirkstoffoptimierung zu immer potenteren Arzneimitteln. Der Aufwand zur Markteinführung eines kommerziellen Medikamentes ist enorm groß, darüber hinaus risikoreich und ausgesprochen teuer. Zukünftige Experimente werden zeigen, ob Phenazistatine als Wirkstoffkandidaten in Frage kommen. Durch den Einsatz von Phenazistatinen als komplementär wirkende Antibiotika könnte eine Steigerung der Erfolgsrate von Behandlungen bakterieller Infektionen erzielt werden und damit unzähligen Patienten geholfen werden.