Die Größen der Technik

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Carl Friedrich Gauß


Das hier gezeigte Gemälde hat Biermann 1887 in Berlin nach einem von Christian Albrecht Jensen als Kopie seines Originalgemäldes von Gauß (Göttingen, Juli 1840) angefertigten Duplikats (für J.B. Listing) im Auftrag des preußischen Kultusministeriums hergestellt.
Original von Jensen:
St. Petersburg (Sternwarte Pulkovo)
Kopie von Jensen:
Berlin (Berlin-Brandenburgische Akademie d. Wissenschaften)
Kopie von Biermann:
Universität Göttingen (Sternwarte Göttingen)
Carl Friedrich Gauß wird am 30. April 1777 in Braunschweig als Sohn von einfachen Leuten geboren. Ein Volksschüler wie er muss der Schrecken aller Lehrer sein, die sich möglichst langatmige Rechenaufgaben ausdenken, um für eine gewisse Weile ein wenig Ruhe in der Klasse zu haben. Denn in der Volksschule von seinem Lehrer J. G. Büttner vor die Aufgabe gestellt, die Zahlen von 1 bis 100 zu addieren, ist der kleine Carl Friedrich sehr rasch fertig, weil er erkennt, dass die erste und letzte, die zweite und vorletzte, die dritte und drittletzte Zahl etc. zusammengezählt immer 101 ergeben und er also nur 50 mal 101 rechnen muss. Ob er die allgemeine Formel n(n+1)/2 auch schon damals dazusagen kann, ist nicht gesichert. Aber die arithmetische Summenformel ist damit geboren.

Seine mathematische Begabung wird schon früh erkannt, und er kann mithilfe eines Stipendiums, das vom Braunschweiger Herzog Karl Wilhelm Ferdinand persönlich bezahlt wird, nicht nur zunächst am Collegium Carolinum in Braunschweig, der Vorgängerinstitution der heutigen TU Braunschweig, und dann an der Georgia Augusta in Göttingen studieren, sondern sich auch bis zum Tode des Herzogs ausschließlich mit der Wissenschaft befassen. Erst nachdem sein Förderer 1806 seiner in der Schlacht bei Jena und Auerstedt als Oberbefehlshaber gegen Napoleonische Truppen erlittenen Verletzung erliegt, muss Gauß sich erstmalig selbst um seinen Lebensunterhalt kümmern und einen universitären Ruf annehmen: den nach Göttingen. Alle weiteren (schon 1802 nach St. Petersburg, 1809 nach Dorpat (Estland), 1810 nach Leipzig und nach Berlin, 1821 nach Hamburg und 1842 nach Wien) lehnt er ab. Er ist auch Zeit seines Lebens kein begeisterter Lehrer und hat nur wenige Studenten.

Gauß ist der erste, der das häufig gestellte mathematische Problem löst, mithilfe von Zirkel und Lineal ein regelmäßiges 17-Eck zu konstruieren. Er tut das unter Zuhilfenahme der Zahlentheorie und konstruiert die Kreisteilung mit der Berechnung von cos a für a = 360°/17. Zu diesem Zeitpunkt ist Gauß knapp 19 Jahre alt und studiert an der Georgia Augusta in Göttingen. Am 1. Juni 1796 erfährt die Welt durch eine Notiz im „Intelligenzblatt der allgemeinen Litteraturzeitung“ in Braunschweig von dieser Entdeckung, die der erste Fortschritt seit Euklid auf dem Gebiete der regelmäßigen Polygone ist und Gauß schlagartig in die Reihe der großen Mathematiker stellt. Das 1801 verfasste Manuskript an die St. Petersburger Akademie der Wissenschaften, in dem er seine Konstruktion erklärt (Übersicht über die Gründe der Constructibilität des Siebzehneckes), ist heute noch in deren Archiv.

Carl Friedrich Gauß promoviert 1799 bei Johann Friedrich Pfaff in Helmstett über den heute so genannten Fundamentalsatz der Algebra, zu dem er im Laufe seines Lebens nicht weniger als 4 unterschiedliche Beweise findet.

Schon Johannes Kepler hat zwischen dem Mars und dem Jupiter einen Planeten vermutet, der seit 1800 durch eine eigens hierfür ins Leben gerufene Himmelspolizey gezielt gesucht und am Neujahrstag 1801 von Giovanni Piazzi auch gefunden wird. Jedoch geht er gleich wieder verloren. Carl Friedrich Gauß begründet seinen wissenschaftlichen Weltruf mit einem speziell hierfür entwickelten Bahnberechnungssystem zum Wiederfinden des ersten Asteroiden Ceres. Daraufhin werden in kurzer Folge im später so genannten Asteroidengürtel mehrere „kleine Planeten“ gefunden. Gauß benennt vier seiner sechs Kinder nach den Entdeckern dieser Himmelskörper.

Als Nebenprodukt der Planetenbahnberechnung findet Gauß mit der Methode der kleinsten Quadrate das Gesetz der normalen Fehlerverteilung, das heute noch für die Stochastik von herausragender Bedeutung ist und der Berechnung der Beziehung von mehreren variablen Parametern dient, beispielsweise der Vorhersage der wirtschaftlichen Entwicklung einer Firma oder eines Wahlergebnisses.

Etwa zur selben Zeit beweist Gauß als erster eindeutig, dass das Euklidische Parallelenaxiom nicht aus den vorangegangenen vier Axiomen erklärbar ist. An diesem Problem haben sich fast 2 Jahrtausende lang alle großen Mathematiker versucht und sind gescheitert. Damit erkennt er etwa 30 Jahre vor Lobacevskij und Bolyai, dass dieses Postulat zum Aufbau der Geometrie überflüssig ist - wenigstens im nicht-euklidischen Raum. Bislang sind Räume immer gleichbedeutend mit dem uns umgebenden, rechtwinklig beschreibbaren Raum gewesen. Mit dem gekrümmten (dem hyperbolischen und sphärischen) nicht-euklidischen Raum tut sich eine völlig neue Dimension auf. Bis dahin war völlig klar, dass die Winkelsumme eines Dreiecks immer 180 Grad beträgt. Das ist aber nur auf einer ebenen Fläche der Fall. Denn auf einer Kugel, also im gekrümmten Raum, ist die Winkelsumme immer größer als 180 Grad, auf einer Sattelfläche kleiner.


Petschaft von Gauß mit seinem Wahlspruch. Er war ein ausgesprochen sparsamer Veröffentlicher
Aber getreu seinem Grundsatz „Pauca sed matura“ (Weniges, aber Reifes) veröffentlicht Gauß diese Erkenntnis nicht – man könnte ihn als einen ausgesprochen faulen Veröffentlicher bezeichnen. Tatsächlich macht er sich im Alter von 54 Jahren dann aber doch daran, alle seine Erkenntnisse aufzuschreiben, damit sie der Nachwelt nicht mit seinem Tode verlorengehen (wahrscheinlich durch den Tod seiner zweiten Frau im selben Jahr angeregt), bricht diese ihm unangenehme Tätigkeit jedoch nach einem Jahr wieder ab, als ihm sein Studienfreund Wolfgang Bolyai mitteilt, dass sein Sohn Janos das Parallelenproblem zufriedenstellend gelöst hat.

1820 steht Gauß dem Kartierungsprojekt des Staates Hannover vor, das vom britischen König Georg III. von Hannover beauftragt und finanziert wird. Die Vermessung findet in großen Dreiecken statt, die von Kirchturmspitzen und Bergen begrenzt werden. Gauß erfindet zu diesem Behufe das Heliotrop, ein Messgerät mit sehr fein justierbarem Spiegel, der einen Sonnenstrahl sehr genau in eine Richtung reflektiert und so eine gerade Linie von A nach B bildet. Es wird vermutet, dass Gauß mit den Vermessungsergebnissen (die längste vermessene Dreiecksseite zwischen dem Brocken und dem Großen Inselberg ist 107 km lang) versucht hat, das 5. euklidische Postulat empirisch zu beweisen. Aber mathematisch gesehen ist ein empirischer Nachweis nicht möglich, weil die Exaktheit von Messinstrumenten nie mathematisch gedachte Exaktheit erreichen kann.

Gauß ist persönliches oder korrespondierendes Mitglied einer großen Anzahl wissenschaftlicher Gesellschaften und Akademien, so seit 1801 der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu Sankt Petersburg und der königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen (heute: Akademie der Wissenschaften), seit 1804 Correspondant des Institut de France und Fellow der Royal Society in London. Dies ist wohl in Zusammenhang der Personalunion des Königreiches Hannover mit Großbritannien (englischer König Georg III) zu sehen. 1842 wird er in den neu gegründeten Orden pour le Mérite der Friedensklasse aufgenommen.

Carl Friedrich Gauß war auf der letzten Serie der D-Mark auf dem 10-Mark-Schein abgebildet. Erstausgabe April 1991, Gültigkeit bis zur Einführung des Euro.

Außerdem steht er mit vielen Geistesgrößen seiner Zeit in persönlichem oder brieflichem Kontakt, so mit Friedrich Wilhelm Bessel (Bessel-Ellipsoid ), dem Bremer Astronomen Wilhelm Olbers, dem Optiker Joseph Fraunhofer (Fraunhofer-Gesellschaft) und dem Naturforscher Alexander von Humboldt.

Carl Friedrich Gauß stirbt am 23. Februar 1855 im 78. Lebensjahr hoch dekoriert in Göttingen. Er ist Träger der Copley-Medaille der Royal Society, und König Georg V. von Hannover lässt zu seinem Tod eine Münze mit seinem Bildnis prägen und der Umschrift „Mathematicorum Princeps“, Erster unter den Mathematikern. Viele Formeln, Verfahren und Einrichtungen tragen seinen Namen, herausgegriffen seien hier


Die DDR-Sondermünze mit dem Nennwert 20 Mark zeigt die Gauß'sche Glockenkurve zum Erwartungswert µ und der Varianz s sowie deren Stammfunktion in einer grafischen Darstellung. und wurde zum 200. Geburtstag geprägt.

Die Sondermünze mit dem Nennwert 5 DM erschien 1977 in der BRD anlässlich von Gauß´ 200. Geburtstag.