Die Größen der Technik

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Karl Karmarsch

* 17. Oktober 1803 in Wien

Karl Karmarsch kommt, ungewöhnlich für einen Wissenschaftler seiner Zeit, aus sehr bescheidenen Verhältnissen. Sein Großvater war Tagelöhner aus Mähren, der Vater ist Schneidermeister in Wien. Karl ist das zweite von 12 Kindern. Er tritt 1817 in das erst zwei Jahre zuvor gegründete Polytechnische Institut in Wien ein und absolviert mit glänzenden Zeugnissen erst die kommerzielle und danach die technische Abteilung. 1819 wird er dort Assistent beim Technologen Georg Altmütter. Er beginnt, selbst ein Kabinett und eine Bibliothek anzulegen und sich eine fast enzyklopädische Bildung anzueignen. Als einer der tüchtigsten Mitarbeiter von Prechtls Technologischer Enzyklopädie erhält er 1830 den Ruf als Direktor an die in Entstehung begriffene höhere Gewerbeschule in Hannover (heute: Leibniz-Universität, Mitglied der TU9). Er steht dieser Schule bis zu seiner Pensionierung 1875 sehr engagiert vor und lehnt mehrfache Abwerbungsversuche ab (1840 Universität Tübingen Nachfolge Poppe an der staatswissenschaftlichen Fakultät, 1848 Wiener Polytechnikum Nachfolge Direktor Prechtl, 1857 Berliner Gewerbeinstitut als Direktor, 1858 Stuttgarter polytechnische Schule als Direktor), was ihm mit Verbesserungen seiner beruflichen Stellung gedankt wird.

Karmarsch ist Träger zahlreicher Orden und Auszeichnungen, Ehrenbürger der Stadt Hannover (1846), Ehrendoktor der Universität Göttingen (1856), geheimer Regierungsrat, Mitglied der königlich schwedischen Akademie der Wissenschaften (1864) und Namensgeber für eine von seinen Nachfolgern gegründete Stipendienstiftung und eine seit 1925 gestiftete Gedenkmünze des Freundeskreises der TU Hannover. Karl Karmarsch stirbt im Nachgang eines Augenleidens am 24. März 1879 in Hannover.

Er gilt als der Begründer der mechanischen Technologie und wird mit dreierlei wissenschaftlichen Tätigkeiten verbunden: als Handbuchautor, Jurymitglied in Industrieausstellungen und Verfechter des metrischen Systems.

Sein wissenschaftliches Hauptwerk ist das „Handbuch der mechanischen Technologie“, das aus seiner gemeinsam mit Friedrich Heeren erfolgten Übersetzung von „Ure´s Dicitionary of Arts, Manufactures and Mines“ entstanden ist und in mehrmaliger Bearbeitung jahrzehntelang das Standardwerk für Ingenieure war.
Karmarsch ist auch Verfasser zahlreicher Artikel in den unterschiedlichsten Jahrbüchern, Lexika und Enzyklopädien. Als Beispiele seinen hier nur die bereits oben erwähnte Technologische Encyclopädie genannt, die vom Direktor des Wiener Polytechnikums Johann Joseph Prechtl 1829 begonnen wurde. Auch hat er für die Allgemeine Deutsche Biographie (ADB) bis zu seinem Tode 42 Lebensbilder verfasst, teils von Personen, die ihm persönlich bekannt waren.

Karmarsch beginnt 1844 seine Tätigkeit als Ausstellungs- und Beurteilungskommissionsmitglied in der vierten Gewerbeausstellung in Hannover und ist ab da gefragter Juror, Mitglied und auch Vorsitzender von Ausstellungs- und Beurteilungskommissionen wichtiger Gewerbe- und Industrieausstellungen in ganz Deutschland und auch international: So gehört er bereits bei der ersten Weltausstellung 1851 in London der Jury an.

Der Name Karmarsch ist mit der Einführung des metrischen Systems in Deutschland verbunden. Besonders Preußen hat sich noch nach Bildung des Norddeutschen Bundes 1866 dagegen gewehrt und am Fuß als Längenmaß festgehalten. Doch schon im Mai 1875 unterzeichnet der Bevollmächtigte des Deutschen Kaisers den völkerrechtlichen Vertrag der Internationalen Meterkonvention als erster.

Die größte Bedeutung von Karl Karmarsch liegt darin, die Technologie als wissenschaftliche Darstellung und Lehre von den Arbeitsvorgängen und Erzeugnissen der Industrie auf eine neue, selbständige und streng systematische Grundlage gestellt und der Erfahrungswissenschaft wissenschaftliche Anerkennung und soziale Geltung verschafft zu haben. Nach dem letzten Poly-Techniker Karmasch wurde die Technologie in eine Vielzahl selbständiger Teilgebiete aufgefächert. Viele Schüler Karmarschs haben technologische Lehrstühle bekleidet.